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Das Weisslexikon

Bilder richtig absetzen

Das Weisslexikon

Der richtige Umgang mit hellen Bildtönen in der Farbbildbearbeitung ist anspruchsvoll. Wir zeigen in diesem kleinen Nachschlagewerk, worauf zu achten ist.

PETER LAELY/DIETER WASSMER Die Helligkeitsrezeptoren (Stäbchen) im Sehorgan des Mensches als «Tageslebewesen» sind stärker auf die hellen Bereiche ausgerichtet. Tonwertabstufungen in den dunklen Bereichen einer Szene werden von uns weniger differenziert wahrgenommen. Das führt dazu, dass wir sensibler auf die Helligkeits- und Farbverhältnisse in den hellen bis mittleren Bereichen der Tonwertkurve reagieren. Ist der Gelbanteil in der Bildtiefe – sagen wir mal um sieben Prozent – zu tief, wird dies vom Betrachter kaum wahrgenommen. Angesichts der geringen Helligkeitsanteils geht das schlicht unter. Liegt jedoch beispielsweise das Cyan in einem blassen Grauton nur um lumpige zwei Prozent zu tief, so empfinden wir diesen Lichterton als stark rotstichig.

Hohe Priorität

Das Absetzen der hellsten Bildpartie in einem Bild ist der wichtigste Schritt in der Tonwertreproduktion. Auf diesem ersten Punkt setzt der gesamte Tonwertverlauf auf. Liegt die Weissbasis zu hoch, wird das gesamte Bild zu dunkel. Liegt sie zu tief, so werden unter Umständen helle Bildmodulationen weggeschnitten und das Bild wirkt zu hell. Auch Farbstiche im Lichterton verfälschen das Bild auf dem gesamten Tonwertverlauf bis hin zur Tiefe. Der untere, also helle Bereich in der Tonwertkurve enthält die Tonwerte, auf die der Betrachter sensibel reagiert. In der Reprosprache wird dieser Bereich zwischen dem Lichter- und dem Mittelton als Einviertel-Tonwertbereich bezeichnet.

Wer gute Bilder machen will, muss diesem Bereich eine hohe Aufmerksamkeit schenken.

Graubalance

Für neutrale Grautöne im CMYK-Farbmodus müssen die warmen Farben Magenta und Gelb leicht unter den Cyan-Wert gesetzt werden, da sie eine höhere Farbintensität besitzen. Die Spreizung der Farben Y und M zu C wird zum Mittelton hin höher und nimmt zur Tiefe hin wieder ab. An dieser Stelle interessiert uns vor allem eine fein gegliederte Graubalance für die hellen Vierteltöne. Die Entstehung einer Graubalance kann schön be­obachtet werden, wenn gleichanteilige RGB-Werte mit einem ICC-Profil zum CMYK-Farbraum transformiert werden. Folgende Graubalance entstand beim Umrechnen der angegebenen Werte vom ECI-RGB zum CMYK des ISO-coated-Profils. Die Graubalance ist ideal für die Wiedergabe von neutralen Lichtertönen. Die Werte C3, M2, Y2 ergeben einen Lichterton, welcher nur bei optimalen Prozessbedingungen bei der Druckformenherstellung und im Auflagendruck als erstdruckender Ton wiedergegeben werden kann. Wer sicher gehen will, dass sich der Lichterton gut erkennbar von einem Papierweiss unterscheidet, ist gut beraten, einen Wert um C6, M4, Y4 zu wählen.

Wo bleibt das Schwarz?

Die meistverbreiteten ICC-Profile für Druckprozesse auf gestrichene und ungestrichene Papiere arbeiten mit einem mittleren Unbuntaufbau. Das heisst, dass die unbunten Farben – also Grau – dreifarbig aufgebaut werden. Der Schwarzkanal setzt in der Regel erst bei ca. 15 bis 20 Prozent ein. Bei der Definition des Weisspunktes ist also das Schwarz nicht relevant und weist in aller Regel einen Wert von 0 Prozent auf. Lediglich ICC-Profile für den Zeitungsdruck sind mit sehr starkem Unbuntaufbau hergestellt und weisen schon in leichten Grautönen erste Schwarzschwellwerte auf.

Spitzlichter

Oft hört man in Fachdiskussionen die Meinung, dass der hellste Ton in einem Bild immer einen Farbwert um 5 Prozent aufweisen müsse, damit er im Druckprozess überhaupt wiedergegeben werden kann. Gegen dieses Ammenmärchen gilt es anzukämpfen. Handelt es sich um grössere weisse Bildpartien, welche oft sogar noch bildbegrenzend sind, stimmt diese Aussage sicher. Sind die Bildteile jedoch klein und ohne bildwichtige Modulation, dürfen diese Stellen ohne weiteres null Prozent in allen Farben aufweisen. Diese bewusst gesetzten Stellen, die nur Papierweiss aufweisen, nennt man Spitzlichter. Sie können je nach Sujet zu einer kontrastverbessernden Wirkung führen.

Farbstiche im Lichterton

Neutrale Grautöne sind für den Betrachter eine ideale Leitlinie. Ausgeglichene Grautöne wirken sauber, ruhig und homogen. Sie verhelfen den benachbarten Farben zu mehr Intensität. Hintergründe für Gegenstände oder Portraits werden gerne in Grau gewählt. Bei solchen Bildern ist es einfach, die hellen Bildstellen gemäss Graubalance abzusetzen. So kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Werden aber Stimmungsaufnahmen neutral abgesetzt, kann ihre gesamte Aussage verdorben werden. Lichtertöne müssen nicht immer neutral sein. Bei der Bearbeitung von Stimmungen gelten eigene Regeln: Die dominierende Bildstimmung soll sich bis in die hellen Töne durchsetzen. Eine warme Kerzenlichtstimmung benötigt einen gelbstichigen Lichterton, die eiskalte Winterlandschaft verlangt ein kühles Weiss.

Absetzen im RGB-Modus

Im Gegensatz zum CMYK-Modus exis­tiert im RGB-Farbmodell eine gleichanteilige Graubalance. Gleiche Werte ergeben immer ein neutrales Grau. Einzig die Tatsache, dass es sich bei RGB um das additive, sich zu Weiss ergänzende Farbmodell handelt, ist gewohnheitsbedürftig. Im Zusammenhang mit der Festlegung des Lichtertones heisst dies, dass ein Spitzlicht oder Papierweiss einen RGB-Wert von 3x255 Einheiten aufweist. Will man einen erstdruckenden Ton haben, definiert man einen Wert von ca. 240 Einheiten für alle Farbkanäle. In der CMYK-Infotabelle zeigt Photoshop anhand des ICC-Profils des CMYK-Arbeitsfarbraumes in den Farbeinstellungen den zu erreichenden CMYK-Wert an. Für farbmanagementgeübte Anwender ausgedrückt heisst dies, dass C6, M4, Y4 die farbmetrische Umsetzung von R240 G240 B240 mit dem ISO-coated-Profil ist.

Low- oder High-Key

Zur richtigen Behandlung der hellsten Bildstelle gehört zwingend auch eine Bildinterpretation. Die beiden Begriffe Low- und High-Key stammen aus der klassischen Fotografie und bezeichnen die allgemeine Tonlage eines Bildes. Low-Key bezeichnet die Bilder mit einer Bildaussage im dunklen Bereich. High-Key sind die hellen Bilder mit Tondifferenzierungen unterhalb des Mitteltones. Diese Bildaussagen werden verstärkt, indem die Steilheit des Tonwertverlaufes entsprechend definiert wird. Dieser Vorgang soll mit dem Absetzen des Lichtertones einhergehen. Die richtige Voraussetzung für diese gemeinsame Korrekturart ist die Gradationskurve. Hier können gleichzeitig der Lichtwert und die Steilheit definiert werden.

Automatisch oder manuell

Die vielen automatischen Funktio­nen zur Festlegung des Lichtes in Photoshop finden zwar zuverlässig die hellste Stelle innerhalb des Bildes. Dies tun sie jedoch, ohne festzustellen, ob die gefundene Bildstelle wirklich relevant ist. Eine manuelle Nachkontrolle ist wohl auch hier ein guter Rat. Am besten führt man Automatismen aus und kontrolliert mit wachem Auge das Resultat. Ist das Produkt mangelhaft, kann manuell nachbearbeitet werden.

Die beiden Funktionen Tonwertkorrektur und Gradation beinhalten die Pipette zur Festlegung des Wertes für die hellste Bildstelle. Ausgeführt wird der Wert mit der Betätigung des Auto-Knopfes. Für eine Zuweisung von Hand wird die Pipette aktiviert und mit dem Cursor ein Klick auf die gewünschte Bildstelle gesetzt.

Schneller Suchtipp

Mit umgekehrter Sichtweise lässt sich mit der Tonwertkorrektur das Weiss definieren. Sie zeigt den Tonwertverlauf eines Bildes in einem Histogramm auf. Daraus ist ersichtlich, wo die Bildmodulation im hellen Bereich startet. Nun kann der Weiss­regler auf die hellste Bildstelle geschoben werden. Macht man dies mit allen Kanälen gleichzeitig, wird ein Farbstich erhalten. Geschieht es in jedem Farbkanal separat, wird das Licht neutralisiert. Ganz nebenbei kann mit derselben Funktion schnell die hellste Bildstelle ermittelt werden: Man ziehe den Tiefenregler solange nach rechts, bis auf dem Bild nur noch die letzten Bildstellen erkennbar sind. Dies sind die hellsten Bildpartien.

Die auf den nachfolgenden Seiten verwendeten Bilder stehen als Übungsmaterial unter www.publisher.ch (in der Rubrik «Übungsmaterial und Informationen») zur Verfügung.